Die strategische Personalentwicklung hat ausgedient
Dr. Albrecht MüllerschönTeamentwicklung, Konfliktcoaching, Systemisches CoachingZum ProfilWas jahrelang das Selbstverständnis firmeninterner Personalentwickler prägte, funktioniert heute nicht mehr: Eine langfristig orientierte Personalentwicklung. Was kommt aber stattdessen? Diese Frage stellt sich 2017 so vehement wie noch nie. Management-Berater Dr. Albrecht Müllerschön gibt einen Ausblick auf den anstehenden Paradigmenwechsel.
Die Personalentwicklung, ja die Personalarbeit insgesamt wird sich in den nächsten Jahren dramatisch verändern. Das zeichnet sich heute schon ab: Langfristig angelegte Führungs- und Managemententwicklungsprogramme, die die firmeninternen Personalentwickler noch vor wenigen Jahren voller Stolz präsentierten, wurden inzwischen in vielen Unternehmen auf Eis gelegt. Auch sind Weiterbildungsangebote heute viel weniger an einer langfristigen Kompetenzentwicklung orientiert, sondern zielen mehr darauf ab, akute Kompetenzdefizite zu beheben, die sich zum Beispiel aus dem Einführen neuer Technologien, dem Verändern von Abläufen und Prozessen in der Organisation oder Marktveränderungen ergeben.
Hauptgrund: Unternehmen können nur noch bedingt einschätzen, wie sich ihr Markt mittelfristig entwickelt und welche Auswirkungen der technische Fortschritt auf Geschäftsmodelle hat. Deshalb können die wenigsten Unternehmen sagen, wie viele Mitarbeiter und welche Kompetenzen sie zukünftig benötigen.
Leiharbeit auf dem Vormarsch
Ein klares Indiz für einen Paradigmenwechsel in der Personalentwicklung ist auch die Ausweitung der Leiharbeit. Sie ist heute nicht mehr auf die Produktion und produktionsnahe Bereiche beschränkt. Auch in den Forschungs- und Entwicklungsabteilungen sind heute vermehrt Leiharbeiter zu finden. Selbst Bereichsleiter- und Projektleiter-Posten werden mit sogenannten „Interim-Manager“ besetzt. Diese Entwicklung wird sich weiter verstärken, künftig werden die Unternehmen noch viel häufiger als heute benötigte Kompetenzen auf Zeit einkaufen, statt diese firmenintern aufzubauen.
Mitarbeiter sind selbst in der Pflicht
Auch wird sich die Personalentwicklungs-Kompetenz verstärkt auf die operative Ebene verlagern. Diskutiert und gefordert wird diese Verlagerung unter dem Stichwort „Employability“ bereits seit vielen Jahren, mittlerweile ist sie vielerorts in der betrieblichen Realität angekommen: Der Veränderungsbedarf in den Unternehmen ist heute so groß, dass er zentral kaum noch erfasst werden kann. Zudem ist er in den einzelnen Bereichen und bei den einzelnen Mitarbeitern so verschieden, dass er mit zentral, also zum Beispiel von der Personalabteilung geplanten Maßnahmen nicht mehr befriedigt werden kann – schon gar nicht in der erforderlichen kurzen Zeit. Das heißt konkret: Mitarbeiter müssen künftig selbst dafür sorgen, dass sie auch künftig über die benötigte Kompetenz verfügen. Und ihre Führungskräfte sollen sie hierbei unterstützen.
Künftige Kernaufgaben firmeninterner Personalentwickler
Die Rolle und das Selbstverständnis der Personalentwickler wird sich angesichts dieser Entwicklung ändern, muss sich ändern. Eine ihrer zentralen Aufgaben wird sein, Mitarbeitern und ihren Führungskräften die Tools zur Verfügung zu stellen, die diese zum Entwickeln ihrer Kompetenz brauchen. Hierbei wird es sich im Zuge der Digitalisierung der Unternehmen verstärkt um Online-Tools handeln, wie sie bereits beim Blendend Learning zum Einsatz kommen. Eine weitere Kernaufgabe wird sein, für das erforderliche Allignment bei der Kompetenzentwicklung in der Organisation zu sorgen, damit zum Beispiel die Führungskräfte und die Projektmanager im Unternehmen bei ihrer Arbeit weitgehend das gleich Führungs- beziehungsweise Projektmanagement-Verständnis haben und nicht in unterschiedliche Richtungen ziehen.
Diese Kernaufgaben professionell wahrzunehmen, setzt ein Umdenken voraus. Inwieweit ihnen dies gelingt, wird eine der spannenden Fragen 2017 sein. Sie wird letztlich über das künftige Standing der Personalentwicklung in den Unternehmen mitentscheiden.