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So analysieren Sie einen Jahresabschluss in acht Schritten

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Bert ErlenBusiness Coaching, Gründungscoaching, Systemisches Coaching, Führungskräfte-Coaching
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Businessman analyzing financial report data of the company operations (balance sheet, income statement) on virtual computer screen with business charts, fintech

Was sagt der Jahresabschluss über ein Unternehmen aus? Einen guten Einstieg bieten die fünf zentralen Analyseebenen, denen Sie sich mit acht Einstiegsfragen nähern können.

Umsatz

1. Wie hoch war der Umsatz des Unternehmens im vergangenen Jahr und um wie viel hat er sich im Verhältnis zum Vorjahr verändert? Und wieviel Umsatz erzielt das Unternehmen im Vergleich mit seinen Wettbewerbern?

Der Umsatz ist zentral. Er ist die Basis für Gewinn – je nachdem, wie sich die Kosten entwickeln. Er gibt einen starken Hinweis auf die Größe des Unternehmens, auf die Frage, wie viele Menschen dort arbeiten, wie wichtig das Unternehmen für seine Stakeholder ist, welches Marktpotential von ihm ausgeht. Und sehr wichtig ist auch der Grundsatz, das große Unternehmen durch Automatisierung und Standardisierung wesentlich kosteneffizienter arbeiten können als kleine Unternehmen. Also: Größe!

Profitabilität

2. Wie hoch ist der prozentuale Anteil des operativen Ergebnisses EBIT (“Earnings before interest and taxes”, Gewinn vor Zinsen und Steuern) am Umsatz?

Das ist die EBIT-Marge. Wieviel Gewinn bleibt vom Umsatz nach Abzug der operativen Kosten (vor Zinsen und Steuern) übrig? Mehr als bei den Wettbewerbern, die ja auf dem gleichen Markt aktiv sind? Dann sollten Sie vielleicht die Preise erhöhen oder Ihre Kosten senken. Denn darum geht’s: ob Sie profitabel genug sind. Insofern ist die EBIT-Marge die wichtigste Kennzahl um zu beurteilen, ob ein Unternehmen „das meiste rausholen“ kann.

3. Wie hoch ist das operative Ergebnis EBIT im Verhältnis zum Vermögen des Unternehmens?

Das Ziel der Unternehmensführung ist es, das Vermögen zu vergrößern. Und die Antwort auf diese Frage – die Kennzahl ROI (Return on investment) oder Vermögensrendite – misst, um wieviel Prozent sich das Vermögen durch die unternehmerische Tätigkeit verändert hat. Ob das Unternehmen hier gut ist, hängt von den Renditeerwartungen der Kapitalgeber ab, den sogenannten Kapitalkosten.

Vermögensstruktur

4. Mit welchen Vermögensgegenständen wurde der EBIT erwirtschaftet? Welches sind wertmäßig die vier wichtigsten Vermögensgegenstände?

Ohne Vermögen kein Gewinn, überhaupt ist eine unternehmerische Tätigkeit ohne Vermögen natürlich nicht möglich. Hinter dieser Frage steckt daher die Überlegung, ob alle Vermögensgegenstände in ausreichendem Maße dazu beitragen, Gewinn zu erzielen. Oder ob es vielleicht Vermögen gibt, das eigentlich gar nicht gebraucht würde oder nötig wäre.

Finanzierungsstruktur

5. Wie ist das Unternehmen finanziert? Wie hoch ist der prozentuale Anteil des Eigenkapitals am Gesamtkapital?

Die Finanzquellen des Unternehmens stehen rechts in der Bilanz, und die wichtigste ist das Eigenkapital: Wieviel Geld haben die Eigentümer in das Unternehmen gegeben? Der Anteil am Gesamtkapital ist dann die Eigenkapitalquote, sie gibt einen Hinweis auf die finanzielle Solidität.

6. Wie hoch ist das Verhältnis der Finanzverbindlichkeiten zum Eigenkapital?

Auch hier geht es darum, ob das Unternehmen solide finanziert ist. Dieser sogenannte Verschuldungsgrad (oder “Debt to equity reatio” oder “Gearing”) wird aber global eher verwendet als die bei uns übliche Eigenkapitalquote. Insbesondere bei Großunternehmen steht das Gearing also im Vordergrund. Der Grundsatz ist: Je geringer das Eigenkapital in Relation zu den Finanzverbindlichkeiten, als desto höher verschuldet gilt das Unternehmen.

Liquidität und Cashflow

7. Wie viel Bargeld generiert das Unternehmen aus dem laufenden Geschäft?

Das ist der operative Cashflow. Das Geld, das aus dem Verkauf der Produkte und Dienstleistungen abzüglich der laufenden unternehmerischen Auszahlungen in die Kasse reingeflossen ist. Das kann sich übrigens vom Gewinn oder vom EBIT unterscheiden, wenn zum Beispiel die Kunden ihre offenen Rechnungen noch nicht bezahlt haben. Der operative Cashflow ähnelt also dem Gewinn, ist aber nicht das gleiche.

8. Kann das Unternehmen seine Investitionen aus dem laufenden Geschäft selbst finanzieren? Übersteigt der operative Cashflow den Cashflow aus Investitionstätigkeit?

Diese letzte Frage weist schließlich darauf hin, ob ein Unternehmen „alleine läuft“ oder ob es (noch) auf externe Geldgeber angewiesen ist. Externe Geldgeber sind Eigenkapital- und Fremdkapitalgeber, die man ja am Anfang braucht. Aber hoffentlich bald nicht mehr, so dass man das geliehene Geld zurückzahlen kann, am besten noch zuzüglich einer ordentlichen Rendite. Denn schließlich wollen die Kapitalgeber irgendwann, dass ihr Geld aus dem Unternehmen wieder an sie zurückfließt, sie hoffentlich eine „reiche Ernte“ einfahren.

Diese acht Fragen weisen Ihnen einen Weg zu der Frage, wie es einem Unternehmen geht. Probieren Sie es aus: analysieren Sie einen Jahresabschluss und finden Sie Antworten. Beginnen Sie, Ihre Erkenntnisse zu interpretieren, seien Sie offen für weitere Assoziationen zu dem Unternehmen, analysieren Sie Wettbewerber, Kunden oder Lieferanten. Das ist brennend interessant, ob als Mitarbeiter, als Bewerber für eine neue Stelle, vielleicht als Kunde oder als Lieferant, oder aus vielen anderen Gründen.

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