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Bausteine der Ausbildungskompetenz: Zuwendung, Einfühlsamkeit und Objektivität

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Dr. Frank RaguttKonfliktcoaching, Interkulturelles Coaching, Kommunikations-Coaching, Business Coaching, Systemisches Coaching
Lerntechniken, Motivationstraining, Train the Trainer, Kommunikationstraining, Soft Skills Training
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Westend 61 / Getty Images

„…und dann gab der clevere Junge die Ausbildung auf.“ Ausbildungskompetenz stärken, Lernprozessbegleitung vollständig entfalten.

Moderne Ausbildung ist mehr als nur Fachwissen vermitteln oder Lernberatung. Ausbilden ist die hohe Kunst der Gestaltung der Lernprozessbegleitung. Diese umfasst auch Beziehungsarbeit und Lebensberatung. Einer der häufigsten Fehler ist, diese Seite der Lernprozessbegleitung stiefmütterlich zu behandeln und nicht zu professionalisieren. 

„Schade. Aus dem Jungen hätte ein guter Geselle werden können, aber privat stand er neben der Spur. Es sollte einfach nicht passen.“ Kennen Sie das aus der eigenen Praxis? Stehen Sie diesen Prozessen gut oder eher ratlos gegenüber? Und wurde es mit dem nächsten Azubis wirklich besser? Ach so, nicht immer. Täglich grüßte also das Murmeltier.

Jeder vierter, jede vierte Auszubildende bricht vorzeitig die Ausbildung ab, berichtet der aktuelle Bundesbildungsbericht. Nicht selten sind Beziehungsprobleme im Privaten oder im Betrieb die Ursache dafür. Ein enormes Probleme in Zeiten des Fachkräftenachwuchses. Für Unternehmen erhöhen Abbrüche zudem den Ressourcenaufwand und werden existenzbedrohlich.

Sie wollen nichts verschwenden? Unternehmen, die die ganze Kunst der Lernprozessbegleitung beherrschen, haben bessere Auszubildende und weniger Abbrüche. Wissen und Methoden der Lernprozessbegleitung sind wesentlicher Bestandteil gelungener Ausbildungskompetenz. Ihre Ausbildung muss didaktisch, pädagogisch und psychologisch etwas auf dem Kasten haben, um gut und effektiv und erfolgreich zu sein. Besonders achtsam und aufmerksam sollten Ausbildende mit der Beziehungsebene und Lebensberatung umgehen. Ein leider zu oft vernachlässigter Bereich professionellen Handelns.

Zuwenden, präsent begleiten und nicht verurteilen.

Eine alte Faustregel der Pädagogik besagt: Erst wenn seine sozialen Probleme gelöst sind, können seine Lernprobleme gelöst werden. Nehmen Sie sich für Ihre Betriebs- und Ausbildungspädagogik diese Formel zum Leitsatz. Denn Jugend hat heute mehr soziale Probleme, die das Lernen be- oder gar verhindern, als man gemeinhin glaubt. Nicht materielle Dinge allein sind das Problem, sondern Leistungs- und Anpassungsdruck, Individualisierung und Coolness, Migration- und Fluchterlebnisse machen der Jugend zu schaffen und wirken sich störend auf Ihre Ausbildungserfolge aus.

Jugend mag heute für eine Ausbildung unreifer sein als früher und die Ausbildungsreifen mögen lieber studieren. Die Jugend kann nichts dafür, dass der Wandel so ist, wenn er so ist. Als Unternehmer bzw. Ausbilder sollten Sie bloß nicht zu viel über die Schuldfrage nachdenken. Das Nachdenken kostet Zeit und die Antwort wird Ihnen nicht wirklich weiterhelfen. Sie müssen das Problem und die Herausforderung aktiv annehmen. Das, was Ihnen hilft, ist, wenn Sie sich dem jungen Menschen ganzheitlich zuwenden. Zuwendung ist eine Schlüsselkompetenz der Lernprozessbegleitung.

Jugend lebt in einer komplexen, unübersichtlichen Welt mit vielen Erwartungsanforderungen. In der digitalen Zeiten mehr denn je. Rollenbilder und Zukünfte sind täglich zwischen Elternhaus, Peergroup, Herkunftskultur, Lifestyle, Paarbeziehung, Selbstsein und Arbeitswelt hin und her gerissen. Für viele junge Menschen ist es nicht einfach, den eigenen Weg zu finden und eine stabile Persönlichkeit auszubilden. Sie brauchen die helfende Hand mehr als sie sich eingestehen würden. Die Souveränität der Jugend ist nur ein Schutzfassade. Als Ausbilder sind Sie auch Teil dieser helfenden Hand, die nicht verurteilen will.

Objektiv und konsequent-sachlich, aber einfühlsam

Sie sollten als Ausbilder eine Persönlichkeit sein und eine professionelle Haltung haben, mit der Sie Ihre Auszubildenden objektiv begleiten und beurteilen. Beschränken Sie sich aber nicht auf die Arbeits- und Vermittlungsbeziehung. Zeigen Sie sich dem jungen Auszubildenden als Mensch, indem Sie ihm durchaus auch Ihre Rollenmuster und Lebenserfahrung darlegen. Unbewusst machen Sie es sowieso schon. Tun Sie es aber bewusst und dann nicht mit dem erhobenen Zeigefinger, der sowieso alles besser weiß. Verurteilen Sie nicht, was der Jugendliche selbst mitbringen. Treten Sie vielmehr in den Dialog zwischen den Generationen. Interessieren Sie sich aufrichtig für das, was die Jugend vollbringt und bewegt. Es ist oft gar nicht so viel anders als zu Ihrer Zeit. Ihre Lebenserfahrung wird den Dialog für die Jugend bereichern.

Berufliche Leistungen sind im Unternehmen ohne Zweifel wichtig: Zeigen Sie aber nicht nur Lob und Interesse für die berufliche Lernleistung, sondern auch Ihre Präsens für das, was das Lernen des jungen Menschen beeinflusst, also seine sozialen Lebensumstände. Wenn es der Mutter oder einem anderen nahestehenden Menschen schlecht geht, wenn die Beziehung schiefläuft, wenn Krankheiten oder Ängste plagen usw., dann bewegt man das und Fokus sowie Konzentration auf die Ziele der Ausbildung sind gestört. Wenn Sie nicht wissen, was den Azubi plagt, und deswegen den Druck erhöhen, werden Sie nicht weiterkommen. Im Gegenteil, Sie rufen damit sehr wahrscheinlich nur ein baldiges Ende der Ausbildung auf den Plan.

Eine Ausbildung ist eine lange Zeit. Nutzen Sie sie, um Vertrauensperson zu werden, an die der Auszubildende auch später oder gar im hohen Alter gerne noch zurückdenkt. Bauen Sie also nicht nur eine sachliche, klar Pflichten und Aufgaben definierte Arbeits- und Lernbeziehung, sondern auch eine emotionale Vertrauensbeziehung auf. Berichtshefte in Form von Lerntagebüchern sind hierbei sehr hilfreich, um die Auszubildenden kennen zu lernen. So werden Sie die Auswirkung des sozialen Umfeldes auf das Lernen des Auszubildenden tiefer verstehen zu können. Ein aufgebautes Vertrauen wird Ihre Arbeit in der Lernprozessbegleitung erleichtern.

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