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Ihr Profil entscheidet – zeigen Sie als Coach Gesicht

Westend61 / Getty Images

Wissen Sie, welcher Menüpunkt auf Ihrer Website am häufigsten angeklickt wird? Bei den meisten ist es – nach der Homepage – die Seite „Über mich“. Diese Seite ist damit eine der wichtigsten auf Ihrer Website. Wahlweise kann sie auch „Profil“ oder schlichtweg „Über“ heißen.

Coaching ist ein People Business. Und so wundert es nicht, dass die „Über mich“-Seite die Hitliste der am häufigsten genutzten Seiten anführt. Besucher einer Coach-Website wollen erfahren, was für ein Mensch dieser Coach ist. Natürlich wollen sie auch sehen, dass er professionell ausgebildet ist. Vor allen Dingen aber wollen sie herausfinden, ob sie den Coach sympathisch finden und sich vorstellen können, mit ihm zu arbeiten. Es geht also um das erste Beschnuppern auf persönlicher Ebene, um den berühmten „Chemistry Check“. Idealerweise gewinnt der Kunde einen Eindruck, der ihn veranlasst, Kontakt aufzunehmen. Ist die Selbstbeschreibung authentisch, wird er im Vorgespräch zumindest auf dieser Ebene keine Enttäuschung erleben. Und damit ist einer der wesentlichen Schritte auf dem Weg zum Auftrag schon genommen.

Meine eigene Geschichte erzählen

Wesentlich dabei ist, eine Geschichte von sich zu erzählen. Eine Geschichte, die Auskunft darüber gibt, warum genau Sie der passende Anbieter zu diesem Thema sind. Eine Geschichte, die etwas von Ihnen als Mensch zeigt. Eine Geschichte, die idealerweise in Erinnerung bleibt. Eine Geschichte, die Sie von anderen unterscheidet.

Diese Geschichte muss nicht unbedingt in der Form des „Storytellings“ erzählt werden. Diese Form folgt dem Prinzip einer Heldenreise. Dafür braucht es ein Vorher und ein Nachher, einen Umbruch, einen Kampf, aus dem der „Held“ klüger, stärker, demütiger oder sonst wie geläutert hervorgeht. Eine solche Story passt nicht für jeden Coach, weswegen die Geschichte auch ganz anders erzählt werden kann. Nur Interesse sollte sie wecken und dem potenziellen Kunden den Eindruck vermitteln, bei diesem Anbieter an der richtigen Adresse zu sein.

Viele Geschichten sind austauschbar

Ein Streifzug durch ein paar Dutzend Coach-Websites fördert jedoch haufenweise „Geschichten“ zutage, die sich in etwa so lesen:

Über mich

Geboren wurde ich in Stubenberg, einem kleinen Ort in Niederbayern. Nach dem Abitur studierte ich Betriebswirtschaft in Regensburg. Danach führte mich mein Beruf nach Stuttgart, wo ich auch heute noch gerne lebe.

Als Führungskraft in der Automobil-Industrie lag mein Fokus im Bereich Projektmanagement. Im Laufe der Jahre wurde mir klar, dass die Menschen die entscheidenden Faktoren im Unternehmen sind. So stellte ich den Menschen in den Mittelpunkt meines Interesses und absolvierte nebenberuflich eine Ausbildung zum systemischen Coach. Seit 2009 arbeite ich nun in meiner eigenen Coaching-Praxis.

Ergänzt wird eine „Geschichte“ dieser Art häufig durch Ausführungen über das persönliche Coaching-Verständnis. Das ist jedoch selten persönlich, sondern beschreibt schlichtweg das, was in jeder guten Coaching-Ausbildung gelehrt wird. Stichworte: Coaching ist keine Therapie, befristeter Zeitraum, Coach als Prozessgestalter, Kunde ist Experte für sein Thema, Begleitung auf Augenhöhe.

Diese Geschichten verfehlen ihren Zweck

Für viele ist es ungewohnt, sich im öffentlichen Raum sichtbar zu machen. Denn damit macht man sich auch ein Stück angreifbar und verletzbar. Allerweltsgeschichten können aber nicht die Lösung sein, denn sie erfüllen einfach nicht ihren Zweck. Sie wecken kein Interesse und zeigen nichts Einzigartiges über den Menschen. Der Lebensweg ist austauschbar. Es gibt Tausende, die in einem kleinen Kaff aufgewachsen sind, BWL studiert haben und als Führungskraft in der Industrie gearbeitet haben. Unter diesen gibt es weitere Tausende, die irgendwann ihren bisherigen beruflichen Weg verlassen haben, um Coach zu werden.

Auch die Auslöser dafür sind meist austauschbar: Frust in der Organisation, fehlender Sinn, Burn-Out. Dem Heldenprinzip folgend kann man hier vielleicht sogar von einem entscheidenden Lebensbruch sprechen. Da dieser jedoch so symptomatisch für eine Vielzahl von Coaches ist, ist er kaum interessant. In unserem Beispiel hat der Autor mit „Mensch im Mittelpunkt“ auch gleich noch in die Kiste austauschbarer Branchen-Phrasen gegriffen. Zudem fehlt eine Neugier weckende Überschrift, die das Besondere dieses Coachs hervorhebt.

Für die meisten Kunden ist es auch wenig interessant, ausführliche Beschreibungen zum Coaching-Verständnis zu lesen. Diese finden sich insbesondere auf Websites von Anfängern in der Branche. Da drängt sich der Eindruck auf, dass sie gerade noch selbst verarbeiten, was sie in ihrer Ausbildung gelernt haben. Vielleicht wollen sie auch ihre Kollegen beeindrucken. Oder missionieren. Wer weiß. Einen Kunden angeln sie damit jedoch nicht.

Den Schlüssel für Ihre Geschichte finden

Wie kommen Sie zu einer guten Geschichte über sich? Auf keinen Fall, indem Sie sich die Profile anderer Coaches ansehen. Selbstverständlich gibt es nicht nur „Über mich“-Seiten wie die oben beschriebene, sondern auch wirklich gute. Es sind aber die Geschichten anderer und nicht Ihre eigene. Doch genau darum geht es ja. Darum, eine Geschichte zu erzählen, die etwas über Sie und wirklich nur über Sie in Ihrer Einzigartigkeit erzählt.

Nehmen wir nochmals das oben genannte Beispiel: Wäre es nicht viel interessanter zu erfahren, was den Coach aus dem Kaff zum Studium gebracht hat? Ist er möglicherweise aus eigener Kraft aus einem bildungsfernen, engen Lebensraum ausgebrochen? Hat er diese Form der Enge später in anderen Lebensabschnitten erneut erlebt? Was hat er dabei gelernt? Und könnte das in Bezug zu seiner heutigen Tätigkeit stehen? Kann er zum Beispiel aus diesen Erfahrungen heraus besonderes Verständnis für Menschen aufbringen, die sich in einem engen Korsett gefangen fühlen? Hier sei vorsichtshalber angemerkt: Nicht jede einzelne Etappe gehört auf die „Über mich“-Seite. Entscheidend ist das Destillat.

Geeignete Spuren finden Sie in Ihrer Biographie. Am besten ist es, Ihren Lebensweg, den privaten oder beruflichen oder beides – einem interessierten Zuhörer zu erzählen. Zeichnen Sie das Erzählte auf und arbeiten Sie dann gemeinsam die Besonderheiten heraus. Das geht weit über die Stationen hinaus, die sich in einer klassischen Vita finden. In der freien Erzählung über Ihr Leben offenbaren sich Ihre Kompetenzen, die Sie im Umgang mit Herausforderungen entwickelt haben. Sie bringt Ihre Erkenntnisse und Überzeugungen, das, was Ihnen wichtig ist, was Sie mit anderen verbindet oder auch was Sie von anderen unterscheidet, zu Tage. Und oft findet sich hier der Schlüssel, warum Sie – ja nur Sie! – genau der Richtige sind, um bestimmte Themen mit Ihren Kunden zu bearbeiten. Genau da also liegt die Antwort auf die Frage, mit der Ihr Kunde Ihre „Über mich“-Seite anklickt.

 

Zur Autorin: Katrin Fehlau schreibt im Rahmen einer Kooperation mit XING Coaches für das Magazin. Sie arbeitet seit 2003 als selbstständige Profilberaterin. Seither hat sie über 200 Berater, Trainer und Coachs unterstützt, ihr Profil zu schärfen und sich erfolgreich zu positionieren. In ihrer Arbeit verbindet sie strategische Markenkommunikation mit Elementen des systemischen Coachings.

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