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Warum Sie nach Perfektion streben sollten und dennoch scheitern werden 

Würden Sie sich als Perfektionist betiteln? Gemeinhin wird dieser Begriff eher negativ aufgefasst. Perfektionisten gelten als schwierig, anstrengend und wenig produktiv. Sie halten das Team auf und setzen sich selbst unter übermäßigen Druck. Perfektion ist schließlich in den wenigsten Fällen möglich und heutzutage muss ohnehin alles schnell gehen. Zugegeben, in vielen Lebenslagen schneiden Sie sich mit übertriebenem Perfektionismus ins eigene Fleisch. Doch es gibt Situationen, in welchen Sie tatsächlich nach Perfektion streben sollten, so der Coach Jon Bowers. Ansonsten steht unter Umständen Ihre Karriere auf dem Spiel oder – je nach Beruf – schlimmer noch viel Geld bis hin zu Menschenleben. 

 

Während sich viele Menschen nach wie vor stolz als Perfektionist bezeichnen, wird der Begriff in unserer Gesellschaft zunehmend negativ assoziiert. Der Sinn steht nach Leichtigkeit und Sorgenfreiheit. Wieso sollten Sie 100 Prozent geben, wenn auch 70 reichen? Wieso sollten Sie sich Horrorszenarien ausmalen, bevor sie eingetroffen sind? Wieso sollten Sie die Dinge nicht auf die leichte Schulter nehmen und gelassen durch den Berufsalltag schreiten? Keine Frage, auch diese Gelassenheit ist ein wichtiger Erfolgsfaktor. Perfektionismus resultiert schließlich in vielen Fällen aus einer übertriebenen Angst, zum Beispiel vor dem Jobverlust oder anderen negativen Konsequenzen bei Fehlern. Und Angst ist nie ein guter Ratgeber. Dennoch wird es Zeit für ein Gegenplädoyer. Ein Plädoyer für den Perfektionismus.

Perfektionismus ist nicht gleich Perfektionismus

Laut Definition handelt es sich beim Perfektionismus um das übertriebene Streben nach Perfektion. Unterschieden wird hierbei zwischen zwei verschiedenen Formen:

1. Das perfektionistische Streben im Sinne eines Strebens nach Vollkommenheit, welches vor allem aus hohen Ansprüchen an die eigene Person, sozialen Standards, einer überdurchschnittlichen Organisiertheit oder einem übertriebenen Geltungsbedürfnis resultiert.

2. Die perfektionistische Besorgnis im Sinne einer übertriebenen Fehlervermeidung, welcher eine große Angst vor Fehlern und deren Konsequenzen zugrunde liegt. Häufig steckt dahinter ein geringes Selbstwertgefühl oder die Angst vor einer Bewertung durch das soziale Umfeld, zum Beispiel die Eltern, die Kollegen, den Chef, etc.

Beide Dimensionen lassen den Perfektionismus in ein schlechtes Licht rücken und gelten als nicht anstrebenswert. Er bedeutet in beiden Fällen eine hohe Belastung für den Betroffenen sowie dessen soziales Umfeld. Doch es gibt noch eine weitere, dritte Form des Perfektionismus, so Jon Bowers in seinem renommierten TED Talk. Und diese ist in vielen Berufen nicht nur hilfreich, sondern sogar unerlässlich.

Warum alle Menschen nach Perfektion streben sollten

Bowers beklagt, dass die Perfektion als solche heutzutage nicht mehr wertgeschätzt wird. Den Menschen wird eingetrichtert, sie sei ohnehin unerreichbar und würde dadurch nur unnötigen Stress verursachen. Das mag durchaus stimmen, wenn es sich um eine angstgetriebene Form der Perfektion handelt oder um ein übertriebenes Geltungsbedürfnis. Doch er ist sich sicher, dass Perfektion nach wie vor wertvoll ist, wenn sie aus den richtigen Motiven resultiert. Er plädiert deshalb dafür, dass alle Menschen nach Perfektion streben sollten, und zwar nicht verbissen oder ängstlich, sondern als Ausdruck von Fleiß, Gewissenhaftigkeit und Zielstrebigkeit. Denn wer nur 99,9 Prozent gibt oder sein Bestes „versucht“, wird garantiert Fehler machen. Diese Fehler kosten in einigen Berufen weniger, in anderen dafür mehr – und Jon Bowers liefert allerhand erschreckende Beispiele:

– Der kleine Fehler eines Programmierers von Amazon kostete das Unternehmen innerhalb von nur vier Stunden 160 Millionen US-Dollar.

– Eine Unachtsamkeit beim Reinigen des Labors im New England Compound, einem Pharmazieunternehmen, sorgte für den Ausbruch von Meningitis bei mehr als 700 Personen – und kostete 64 Menschen das Leben.

Und rein hypothetisch: Würden sie nur zu 99,9 Prozent perfekt arbeiten,…

– …würden US-amerikanische Ärzte jedes Jahr knapp 4,5 Millionen fehlerhafte Rezepte ausstellen.

– …hätten die Autoren des Webster’s Dictionary 470 Schreibfehler gemacht.

– …gäben die Hebammen in US-amerikanischen Krankenhäusern jährlich elf Neugeborene den falschen Eltern mit nach Hause.

Je nach Job sind daher sogar 99,9 Prozent Perfektion noch 0,1 Prozent zu wenig. Und selbst, wenn die Konsequenzen in Ihrem Beruf weniger drastisch wären, sollten Sie laut Job Bower dennoch nach Perfektion streben. Wieso? Weil sie den einzigen Weg zu persönlicher Weiterentwicklung darstellt. Wenn Sie nun denken, Perfektion sei unmöglich, haben Sie durchaus recht. Wer nach Perfektion strebt, wird garantiert früher oder später scheitern. Doch dieses Scheitern stellt nicht das Gegenteil von Perfektion dar, sondern einen wichtigen Bestandteil des großen Ganzen.

Scheitern ist nicht das Gegenteil von Perfektion

Nur durch Fehler und Niederlagen können Sie sich weiterentwickeln und so der Perfektion jeden Tag ein Stück näher kommen. Worauf es also wirklich ankommt ist, das Scheitern zu akzeptieren, die richtigen Schlüsse aus den Fehlern zu ziehen und es anschließend erneut zu versuchen – und zwar besser. Auch, wenn absolute Perfektion also unmöglich scheint, sollten Sie es Tag für Tag versuchen. Nur so werden Sie besser als der Durchschnitt und damit auch erfolgreicher. Das klingt nach Stress? Bower ist sich sicher: Perfektion ist nur durch Anstrengung möglich, doch der Erfolg macht diese schlussendlich wieder wett. Ebenso wie Sie Ihre Traumfigur nur durch das Schwitzen beim Sport erreichen werden. Keine Ergebnisse ohne Einsatz. Dennoch können natürlich auch die Arbeitgeber nicht gänzlich außer Acht gelassen werden: Bevor diese nämlich über die Fehler ihrer Arbeitnehmer jammern, sollten sie ihnen wieder die Zeit geben, überhaupt nach Perfektion zu streben – anstatt sie durch unrealistische Zeitvorgaben in Hektik zu versetzen und Fehler dadurch regelrecht zu provozieren. Arbeiten beide Parteien hingegen Hand in Hand, ist die Perfektion vielleicht doch nicht so unerreichbar wie eingangs gedacht.

 

Sie wollen Ihre eigenen Fehler minimieren und an der Qualität Ihrer Arbeit arebeiten? Ein professioneller Coach kann helfen. Eine Auswahl passender Coaches finden Sie hier. Weitere interessante Coaches für die persönliche und berufliche Weiterentwicklung finden Sie unter diesem Beitrag.

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