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Betriebliches Eingliederungsmanagement: Wie Sie mit dem BEM in Ihrem Unternehmen richtig punkten können!

Deutschland,Baden-Württemberg,Mannheim,business,office

Seit 2004 ist das Eingliederungsmanagement im Sozialgesetzbuch vorgeschrieben. Wer den Begriff heute googelt, findet in erster Linie Hinweise zur Rechtsprechung, zu den Pflichten des Arbeitgebers und zum Datenschutz. Recht wenig findet sich allerdings über die Chancen, die das BEM für Arbeitnehmer und Arbeitgeber bietet – ist es doch ein exzellentes Mitarbeiterbindungs- und Motivationsprogramm.

Per Definition stehen im BEM die Prozesse ganz vorne. Dabei geht es doch in erster Linie um Menschen. Genauer gesagt geht es um die Beschäftigungsfähigkeit, Vermeidung erneuter Arbeitsunfähigkeit und den Erhalt des Arbeitsplatzes. Dies rechne sich für Sozialkassen und Arbeitgeber, da es Personalkosten senkt und, in Zeiten des Fachkräftemangels, das vorzeitige Ausscheiden des Arbeitnehmers verhindern kann.

Skepsis bei den betroffenen Arbeitnehmern

Meine erste Begegnung mit Eingliederungsmanagement und Stufenmodell hatte ich in der Reha über den Sozialdienst der Klinik – hier kommen die meisten Erkrankten erstmals mit der Materie in Berührung. „Zum BEM gezwungen werden die Beschäftigten nicht. Die Teilnahme ist immer freiwillig“, weist auch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales auf seiner aktuellen Internetseite hin. Allein dieser Satz kann bereits – völlig unbegründet – zu Misstrauen und Ablehnung führen.

Eine mangelnde Kommunikation verunsichert massiv. Hier kann der Arbeitgeber bereits im Vorfeld punkten, soziale Kompetenz beweisen und Vertrauen aufbauen, wenn Mitarbeiter prophylaktisch informiert werden, sei es durch Aushänge oder Intranetartikel, die auf das Angebot der Firma hinweisen. Oder – im Idealfall, durch einen persönlichen Brief an den Langzeitkranken, der auf die Angebote im Unternehmen hinweist, gute Genesung wünscht und dem noch die Broschüre „Schritt für Schritt zurück in den Job“ des BMAS beiliegt. Auf jeden Fall zeigt eine solche Geste, dass sich der Arbeitgeber auf die baldige Rückkehr seines Mitarbeiters freut und nimmt ggf. erste Berührungsängste.

5 Fehler, die Sie bei der Rückkehr Ihres Arbeitnehmers vermeiden können:

1. Mitleid

Mitgefühl ist okay. Beweisen Sie Empathie und Respekt für das Überstandene und die Rückkehr in den Job. Wenn Sie „mitleiden“ dann impliziert dies, dass der andere leidet. Vielleicht ist aber genau das gar nicht mehr der Fall. Denn wer eine schwere Krankheit überstanden hat, ist oftmals bereits aus dem Leid herausgetreten und blickt zu Beginn der Wiederaufnahme der Arbeit vielleicht sogar mit Mut und Tatkraft nach vorne. Schubsen Sie ihn nicht wieder zurück ins Leid!

2. Druck

Das BEM ist freiwillig. Es ist ein Angebot, welches dem Erkrankten hilft, wieder in den Job zu kommen und danach seine Situation verbessern soll. Aufforderungen mit konkreten Terminvorgaben trüben dieses Angebot negativ. Besser ist eine Einladung, mit Bitte um Terminvereinbarung und dem Hinweis auf absolute Diskretion und die freudige Erwartung den geschätzten Mitarbeiter bald wieder persönlich begrüßen zu dürfen.

3. Ratschläge

Auch gutgemeinte Ratschläge sind wie Schläge. Nach einem längeren Klinik- und Reha Aufenthalt ist der Mensch froh, wenn endlich nicht mehr Ärzte und Therapeuten das Sagen haben, sondern wieder selbstbestimmte Normalität eintritt.

Jedes „jetzt musst du aber auf dich achten“, „musst kürzer treten“, etc. bringt den Mitarbeiter wieder ein Stück zurück in die Opferrolle des Kranken. Wundern Sie sich daher nicht, wenn dieser darauf mit Abwehr und Rückzug reagiert.

4. Entmündigung

„Das darfst du jetzt (noch) nicht“ hat die gleiche Wirkung, wie kluge Ratschläge. Ist dieses noch mit einer Reduzierung der Befugnisse verbunden, z.B. bei Teamleitern, Schichtführern oder Führungskräften in der Wirtschaft, so wirkt sich dies nicht fördernd auf die psychische und physische Wiederherstellung aus. Schnell kann es hier zum Gefühl kommen, jetzt „zum alten Eisen zu gehören“. Zu viel Schonung durch den Chef kann in solchen Fällen dann sogar zum boreout (Unterforderung) führen.

Auch das Vorenthalten von Informationen über wichtige Veränderungen in Abläufen oder Personalien gehört dazu. Nutzen Sie das erste Gespräch daher auch für ein umfassendes Update. Eine klare Kommunikation vermeidet nicht nur Unsicherheit und Grübeln, sondern gibt Vertrauen und das Gefühl der Zugehörigkeit.

5. Überlastung

Informieren Sie auch rechtzeitig Teammitglieder und Führungskräfte über den Wiedereinstieg. Sorgen Sie dafür, dass Ihr Mitarbeiter am ersten Tag der Rückkehr nicht von tausenden Emails oder unerledigten Vorgängen erschlagen wird. Die Wiedereingliederung soll dem Mitarbeiter einen geregelten Einstieg bescheren – nicht sein altes Stresslevel erreichen oder gar toppen. Es hat sich bewährt, bereits während der Krankheitsphase anfallende Arbeiten an Kollegen zu delegieren – und, falls möglich, nach Rücksprache mit dem Betroffenen – auch Leitungsfunktionen, oder falls machbar, das elektronische Postfach, weiterzuleiten – natürlich nur temporär.

 

Wenn der Mitarbeiter vorher ins Boot geholt wird und klar ist, dass er bei seiner Rückkehr weder auf überraschende neue Chefs oder Kollegen trifft, die ihm „seine Arbeit weggenommen“ haben, und wenn der oder diejenige weiss, dass er oder sie den alten Arbeitsplatz wieder in einem ordentlichen Zustand übernehmen kann, dann hilft dies bereits im Heilungsprozess und der Genesungsphase. Wenn bereits klar ist, dass die alte Stelle so nicht mehr ausgeübt werden kann, so sollte auch hier nicht einfach neue Tatsachen geschaffenwerden. Neue Tatsachen hat eine schwere Erkrankung und eine längere Abwesenheit von Normalität in Alltag und Beruf bereits mit sich gebracht.

Planen Sie das Neue immer gemeinsam. Mit dem erkrankten Arbeitnehmer, mit Integrationsbeauftragten, mit Spezialisten von BG oder Rentenversicherungsträger – aber immer mit dem Betroffenen.

Zurück ins Hamsterrad

Das ist eine Aussage, die ich von vielen Betroffenen in Rehakliniken gehört habe: „Nächste Woche ist die Reha rum, dann geht das Chaos wieder los, zurück ins Hamsterrad, mir graut es schon davor.“ Neben den Bemühungen des Arbeitgebers, dem Verständnis von Kollegen und Führungskräften, bietet sich ein persönliches Coaching für den Rückkehrer an. Der Coach hilft dem Betroffenen seine Situation neu zu betrachten, und ggf. seine Perspektive zu ändern. Er begleitet bei der Zielfindung zurück ins Arbeitsleben und hilft dabei, negative Denkmuster und Verhalten zu verändern.  So kann erreicht werden, dass das ursprüngliche Ziel des BEM auch erreicht wird: nämlich die Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit und die Vermeidung erneuter Arbeitsunfähigkeit. Dies bedeutet ein selbstbestimmtes Leben mit sicherem Einkommen für den Arbeitnehmer und damit eine höhere Motivation und Lebensqualität.

Für den Arbeitgeber überwiegen meist ebenfalls die Vorteile: die Weiterbeschäftigung eines qualifizierten, oft langjährigen Mitarbeiter. Ergo fallen keine, oder weniger Kosten für Recruiting, Neueinstellung und Einarbeitung und damit verbundenem Produktionsausfall an. Ein Coach kann dem BEM damit zusätzlich zur win-win Situation verhelfen.

 

 

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