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Change-Prozesse meistern – auf welche Vorgehensweise Führungskräfte und Change Manager achten sollten

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Dieter RösnerChange Management, Konfliktcoaching, Systemisches Coaching
Führungskräftetraining, Kommunikationstraining, Moderationstraining, Persönlichkeitstraining, Verhaltenstraining
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Wer Veränderungsprozesse in Unternehmen durchsetzen möchte, muss bei Problemen nicht nur die Ursache ausfindig machen. Neben viel Fingerspitzengefühl erfordert jeder Change-Prozess auch die richtige „Brille“ – d.h. Perspektive – durch die Führungskräfte eine Situation einschätzen sollten, um die richtigen Handlungsschritte einzuleiten.

Im Umgang mit sozialen Systemen wie zum Beispiel Teams ist das Geschehen komplex, oft unübersichtlich und schwer durchschaubar, gerade in Veränderungsprozessen. Da jeder Mensch die Realität subjektiv wahrnimmt und konstruiert, hat er auch seine subjektive „Brille“ auf, wenn er einen Veränderungsprozess betrachtet. Herauszufinden, wo bei Problemen die Ursache liegt und was Symptom ist, erfordert von Führungskräften und Change Managern Feingefühl und die „richtige Brille“, um Situationen zu bewerten. Auch wenn „richtig“ relativ ist, können die „systemischen Brillen“ am ehesten Komplexität, Vernetzung und Wechselwirkungen in solchen Dynamiken gerecht werden. Das ermöglicht funktionalere Vorgehensweisen, um Change-Prozesse erfolgreich zu gestalten.

1. Die „Defizitbrille“ versus „Ressourcenbrille“

Gibt es Probleme, z.B. im Team, liegt es natürlich nahe, intensiv auf diese Probleme zu schauen, die „Defizitbrille“ aufzusetzen und sich immer tiefer in die Problematik hinein zu begeben. Die „Depression“ der Betroffenen wird intensiver und die Probleme können sich noch verstärken. Die systemische Prämisse, dass jedes soziale System grundsätzlich die Ressourcen hat, die es braucht, um sich weiter zu entwickeln und Schwierigkeiten aus eigener Kraft zu bewältigen, hilft positiv und lösungsfokussiert zu denken und zu handeln.

Beispiel aus der Praxis zu Thema 1

Ein Team von Führungskräften sah sich in seiner Wirksamkeit und Akzeptanz im Umgang mit seinen Mitarbeitern stark eingeschränkt, bis hin zur totalen Handlungsunfähigkeit. Die Stimmung war geprägt von Frust und Hilflosigkeit und man suchte Ursachen im Kontext bei der disziplinarischen Führung. Mit der banalen Frage „was haben wir konkret für Ressourcen, um uns als Team selbst zu helfen?“ und entsprechend abgeleiteten konkreten Maßnahmen konnte für die Beteiligten überraschend schnell etwas in die richtige Richtung bewegt werden. Die „Ressourcenbrille“ hatte hier bisher noch niemand konsequent aufgesetzt.

Fazit: Die „Ressourcenbrille“ macht Problemanalysen oftmals überflüssig, spart externe „Expertenratschläge“, unnötige Verwerfungen und Zeit. Der Appell an die Stärken der Beteiligten kann durch gezielte Moderationsmethoden, mit Ressourcen- oder Stärkenfragen kommuniziert und in konkrete Maßnahmen umgesetzt werden.

2. Die „Konzeptbrille“ versus „Prozessbrille“

Detaillierte, langfristige Pläne funktionieren in der Praxis häufig nicht optimal: Im Kleinen wie im Großen lassen Flughäfen und Philharmonien grüßen. Das Klagen ist groß, Schuldzuweisungen machen die Runde und die Ergebnisse sind in Frage gestellt. Man hat die „Konzeptbrille“ auf und schaut nicht wirklich nach links oder nach rechts. So hilfreich und notwendig Pläne und Konzepte auch sind, ergeben sie eben in der Regel noch keine Ergebnisse. Oftmals ereignet sich während des Umsetzungsprozesses noch Unerwartetes. Die „Prozessbrille“ registriert aufmerksam Informationen während der Umsetzung, hilft diese einzuordnen und ermöglicht so situative und konstruktive Modifikationen.

Beispiel aus der Praxis zu Thema 2

Nach einem 360 Grad Feedbackprozess wurde ein Konzept für die Entwicklung von Führungsleitlinien und eine Schulung aller Führungskräfte der mittleren und unteren Ebenen entwickelt. Während der Schulungsmaßnahmen gab es von den Führungskräften immer wieder Widerstände und Signale, dass „etwas nicht in Ordnung“ ist. Ein gewünschter positiver Effekt für die Praxis war massiv in Frage gestellt.

Mit der „Prozessbrille“ wurde erkannt, dass jahrelang bestehende Unternehmensleitlinien laut der Führungskräfte nie realisiert worden sind. Diese Leitlinien wurden anscheinend von Geschäftsführung und oberem Management nicht wirklich gelebt. Das Konzept und der Prozess wurden daraufhin modifiziert. Die oberen Hierarchien ließen sich auf einen intensiven Kommunikationsprozess mit allen Führungsebenen ein, um einen konstruktiven Konsens zu finden.

Fazit: Mit der „Prozessbrille“ ist von Anfang an der Verlauf des Change-Prozesses im Fokus. Störungen in der Dynamik und im Kontext werden frühzeitig erkannt und können zielgerichtet modifiziert werden. Konzepte sind somit nicht starr, sondern ein Leitfaden, der agil gesteuert werden muss. Ein „neutrales“ Team von Beteiligten und Betroffenen – das sogenannte Sounding Board – kann den Prozess dabei begleiten und periodisch Feedback an die Verantwortlichen geben.

3. „Individualisierungsbrille“ versus „Systembrille“

In der Praxis ist man schnell dabei, Schwierigkeiten zu individualisieren und sie dem Verhalten einzelner Mitarbeiter zuzuordnen. Da wird schnell mal mit der „Individualisierungsbrille“ jemanden mangelndes Sozialverhalten oder gar Teamunfähigkeit zugeschrieben. Hier hilft ein Blick durch die „Systembrille“. Sie weitet den Blick für Zusammenhänge, Kontextvariablen und Wechselwirkungen.

Beispiel aus der Praxis zu Thema 3

In einer großen Abteilung mit drei Unterteams fällt besonders ein älterer Mitarbeiter durch häufiges Kritisieren anderer, Ungeduld bei Besprechungen, abwertend-aggressive Feedbacks auf. Die „Systembrille“ bringt ein Muster ans Tageslicht, das da heißt: „immer wenn der Abteilungsleiter keine Entscheidungen fällt, das Einhalten von Vereinbarungen nicht einfordert, das Team blockiert ist, rastet der ältere Mitarbeiter aus“. Er glaubt stellvertretend die Führung übernehmen und für „Ordnung“ sorgen zu müssen. Dem Abteilungsleiter wird bewusst, dass eine Lösung eher bei ihm, als beim Mitarbeiter liegt. Mit neuen Commitments und zunehmend klarer Führung kann sich der „Problembär“ mehr zurücknehmen und die Kommunikation im System entspannt sich sichtlich.

Fazit: Systemdynamiken sind in ihrer Komplexität und Vernetztheit zu betrachten und aus verschiedenen Blickwinkeln zu analysieren. Nicht immer das Vordergründige gibt Lösungsmöglichkeiten, sondern das kreative Ausprobieren unterschiedlicher Ansätze. Funktional ist, was wirkt.

Gesamtfazit: Für Führung im Allgemeinen und in Change-Prozessen im Besonderen gilt es ein agiles Mindset zu nutzen, welches als zentrale Elemente Flexibilität, Empathie, Selbst- und Fremdreflexion, Fähigkeit zur Distanz und „Brillenvielfalt“ funktional einsetzen kann.

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