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Der erfolgreiche Weg in die Selbstständigkeit

Über den Autor
Dr. Bernd SlaghuisBusiness Coaching
Bewerbungstraining, Führungskräftetraining
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“Wer den Schritt in die Selbstständigkeit geht, sollte über eine gute Portion Pioniergeist gepaart mit bodenständigem Realitätssinn verfügen. Ziel- und Lösungsorientierung sind wichtig, um den eigenen Weg im Blick zu behalten.”

Wer sich heute selbstständig machen möchte, sollte nicht nur eine gute Idee und Geschäftssinn mitbringen. Speziell bei der Gründung stellen sich viele Fragen: Starten Sie aus der Arbeitslosigkeit, aus dem Angestelltenverhältnis und wer unterstützt Sie finanziell?


 

Bernd Slaghuis arbeitet als Coach, Sparringspartner und Berater und hilft bei Fragen rund um Karriere, Bewerbung und Führung. Im Gespräch mit XING Coaches erklärt er die Herausforderungen der Selbstständigkeit und gibt wertvolle Tipps für Gründer.


 

XING Coaches: Was muss man beachten, bevor man sich selbstständig machen möchte?

Bernd Slaghuis: Die Frage ist doch: Wollen Sie das wirklich? Nur auf sich selbst gestellt sein? Niemand sagt, wo es lang geht. Finanzielle Durststrecken überwinden. Klinkenputzen für den nächsten Auftrag. Maximale Freiheit, aber auch maximale Selbstverantwortung und Disziplin. Kein geregelter Feierabend. Mehr arbeiten als bisher. Kein Urlaubsanspruch und kein bezahltes Krankfeiern. Keine Kollegen, mit denen Sie lästern können. Kein sicheres Gehalt am Monatsende. Es ist nicht die geniale Geschäftsidee oder der Wunschtraum, das Hobby zum Beruf zu machen. Entscheidend für Ihren Erfolg als Selbstständiger sind vielmehr die Motivation und Ihre Haltung für diesen Schritt. Frust im Job allein ist kein guter Antreiber, jetzt trotzig zum eigenen Chef zu werden. Auch plötzlicher Reichtum und Jetset-Leben sind heute nur noch einigen wenigen Gründern mit bahnbrechenden Erfindungen vorbehalten.

XING Coaches: Gibt es Fragen an mich selbst, mit denen ich feststellen kann, ob die Selbstständigkeit der richtige Schritt ist?

Bernd Slaghuis: Ja, die gibt es.

  • Was ist Ihnen im Beruf und im Leben besonders wichtig und trägt dieser Schritt dazu bei, dass genau jene Werte erfüllt sein werden? Vielen Angestellten, die mit einer Selbstständigkeit liebäugeln, sind Unabhängigkeit, maximaler Handlungs- und Entscheidungsspielraum sowie Kreativität wichtig. Wie ist es bei Ihnen?
  • Durchleuchten Sie Ihre persönliche Motivation von allen Seiten. Setzen Sie sich intensiv mit Ihren Werten und Zielen im Beruf, aber auch im Privatleben auseinander.
  • Was werden Sie als Selbstständiger alles aufgeben und sind Sie bereit hierfür?
  • Was erhoffen Sie sich, durch diesen Schritt auch zu gewinnen?

XING Coaches: Wenn ich nun über Klarheit verfüge, wie geht es dann weiter?

Bernd Slaghuis: Wenn Sie echte Klarheit über Ihre Motivation für die Gründung des eigenen Unternehmens gewinnen konnten und der Schritt in die Selbstständigkeit für Sie aus heutiger Sicht, als ein guter Weg erscheint, dann ernennen Sie sich selbst zum Leiter Ihres Projektes „Strategie & Gründung“:

  • Welche Geschäftsstrategie verfolgen Sie?
  • Was sind Ihre Produkte zu welchem Preis und wer soll bzw. wird Ihre Produkte kaufen?
  • Wofür möchten Sie im Markt stehen und wie werden Sie sich von Wettbewerbern abgrenzen?
  • Möchten Sie alleine starten oder gründen Sie mit Geschäftspartnern?
  • Welche Investitionen sind in den ersten Jahren erforderlich und woher stammt das Kapital?
  • Welche Umsätze erwarten Sie und mit welchen Kosten rechnen Sie?

Diese und viele weitere Überlegungen münden in einen detaillierten Businessplan für die nächsten 5 bis 10 Jahre – je nach Größe Ihres Unternehmens.

XING Coaches: Sollte man komplett umsteigen oder nebenberuflich anfangen?

Bernd Slaghuis: Hier gibt es keine allgemeingültige Lösung. Die meisten Angestellten können es sich finanziell nicht leisten, den Job von heute auf morgen zu kündigen und über Monate auf ihr bisheriges Einkommen zu verzichten. Insbesondere, wenn sie Familie haben oder das Haus noch nicht abbezahlt ist, sind die finanziellen Restriktionen klar umrissen. In der Karriereberatung entscheiden sich viele, den bisherigen Beruf erst einmal weiter auszuüben und sich bewusst Freiräume zu schaffen, um die Selbstständigkeit vorzubereiten und die ersten selbstständigen Gehversuche nebenbei zu machen. Oft entscheiden sie sich für eine Reduzierung der Arbeitszeit, manchmal reicht aber auch schon eine veränderte Haltung zum bisherigen Beruf aus, um außerhalb der Arbeitszeit Freiraum für das Neue zu schaffen. Einige Angestellte kündigen ihren Job und suchen sich gezielt unter neuem Vorzeichen eine andere Beschäftigung – vielleicht auch in Teilzeit – um von dort aus den Schritt ganz in die Selbstständigkeit vorzubereiten, jedoch weiterhin ein regelmäßiges Grundeinkommen zu beziehen.

XING Coaches: Kann dieses Vorgehen auch nachteilig sein?

Bernd Slaghuis: Die Kehrseite dieser Lösungen: Sie werden sich nie ganz auf Ihr eigenes Business fokussieren können. Es bleibt eine Nebenbeschäftigung und der Grad zum bezahlten Hobby ist sehr schmal. Ich bin da eher ein Freund von ganz oder gar nicht und die Gefahr bei diesem Modell ist hoch, im Angestelltenverhältnis trotz Teilzeit weiter im Hamsterrad zu rennen und zudem großen Frust zu verspüren, das eigene Baby doch nicht ausreichend voranbringen zu können.

XING Coaches: Muss ich denn meinen Arbeitgeber über die Nebenbeschäftigung informieren?

Bernd Slaghuis: Wenn Sie als Angestellter weiter bei einem Arbeitgeber beschäftigt sind, dann sollten Sie ihn über Ihre nebenberufliche Tätigkeit informieren und klären, in welchem Ausmaß Sie dieser nachkommen dürfen. Vielleicht sprechen Sie mit ihrem Chef oder mit HR auch offen über einen schrittweisen Ausstieg in den nächsten ein bis zwei Jahren und planen so Ihren Wechsel in die Selbstständigkeit. Anders verhält es sich, wenn bereits ausreichende Mittel zur Verfügung stehen, um eine anfängliche Durststrecke zu überbrücken. Hilfreich sind sicherlich auch Kontakte aus dem eigenen Netzwerk, aus denen Sie in der Gründungsphase erste sichere Aufträge und Umsätze generieren können.

XING Coaches: Welche Hilfen gibt es vom Staat?

Bernd Slaghuis: Es gibt den Gründungszuschuss der Bundesagentur für Arbeit. Jeder vormals Angestellte kann diesen mit dem Schritt in die Selbstständigkeit beantragen, sofern er Ansprüche auf Arbeitslosengeld hat. Die Höhe richtet sich nach dem Arbeitslosengeld I und beträgt etwa 60 Prozent des letzten Nettogehalts zuzüglich 300 Euro Pauschale zur sozialen Absicherung. Der Gründungszuschuss ist eine Ermessensleistung, auf die kein Rechtsanspruch besteht. Gewährt wird er für zunächst sechs Monate, sofern die Voraussetzungen hierfür erfüllt sind. Haben Sie selbst gekündigt, müssen Sie mit einer Sperrzeit von drei Monaten rechnen. In bestimmten Fällen, z. B. bei Vorliegen eines Aufhebungsvertrages, entfällt diese Sperrfrist. Mein Tipp: Informieren Sie sich frühzeitig über die Voraussetzungen und die Aussicht auf einen Gründungszuschuss. Da die Gewährung im Ermessen der Arbeitsagentur liegt, sollte Ihr Businessplan – und Ihr Leben – jedoch auch ohne diesen Zuschuss tragfähig sein.

XING Coaches: Welche Möglichkeiten habe ich noch, um meine Idee finanziell zu verwirklichen?

Bernd Slaghuis: Darüber hinaus gibt es vielfältige weitere Möglichkeiten, die Gründung des eigenen Unternehmens zu finanzieren:

  • Die KfW-Förderprogamme bieten günstige Kredite für Existenzgründer, Freiberufler und Start-Ups.
  • Auch auf EU- oder Länder-Ebene gibt es unterschiedliche Förderprogramme für Existenzgründer und Kleinunternehmer.
  • Nicht staatlich, jedoch immer beliebter wird das Crowdfunding. Bei dieser auch Schwarmfinanzierung genannten Form der Beschaffung von Finanzmitteln investieren in der Regel viele private Internetnutzer kleine Beträge in neue Produktideen oder innovative Geschäftsmodelle und erhalten hierfür Beteiligungen oder die Produkte nach Markteinführung.

XING Coaches: Und wer kann mir beim Businessplan helfen?

Bernd Slaghuis: Ja, viele meiner Kunden haben Respekt vor der Erstellung eines Businessplans, denn so etwas klingt kompliziert und haben sie in der Regel noch nie gemacht. Die Hilfe von Experten ist hier durchaus sinnvoll. Vor allem dann, wenn der Gründungszuschuss beantragt werden soll. Hierfür benötigen Sie nämlich den Nachweis einer sogenannten fachkundigen Stelle, das sind zum Beispiel Handelskammern, Gründungszentren oder Kreditinstitute. Sie bescheinigen offiziell, dass Ihr Businessplan tragfähig ist.

Wer verfügt über betriebswirtschaftliche Kenntnisse oder ist selbst diesen Weg schon gegangen und kann Ihnen im ersten Schritt behilflich sein? Wichtig: Es kommt nicht nur auf die Excel-Tabelle mit Zahlen zu erwarteten Umsätzen und Kosten oder eine saubere Kapitalbedarfs- und Finanzierungsplanung an, sondern vor allem auf die plausiblen Annahmen dahinter. Hier sollten Sie Vorarbeit leisten und sich überlegen, welche Absatzmengen Ihres Produktes in welcher Zeit realistisch möglich sind, wie hoch Sie den Preis festlegen möchten, ob Sie eigene Mitarbeiter einplanen möchten, mit welchen Kosten für Miete, Geschäftsausstattung und Werbung Sie rechnen usw. Es ist nur ein Plan und Sie sind kein Hellseher. Doch für Sie sollte dieser Plan auf realistischen Füßen stehen, Schönfärberei ist hier nicht angebracht.

XING Coaches: Welche Tipps gibt es für Selbstständigkeit aus der Arbeitslosigkeit, welche für aus der bestehenden Beschäftigung heraus?

Bernd Slaghuis: Hier sind insbesondere die Voraussetzungen für die Beantragung des Gründungszuschusses zu beachten. Aus der bestehenden Beschäftigung heraus müssen Sie zunächst den Anspruch auf Arbeitslosengeld geltend machen, erst dann – theoretisch am folgenden Tag – können Sie gründen. Wer schon Arbeitslosengeld bezieht, muss die Regelungen zur spätmöglichen Beantragung des Gründungszuschusses beachten.

In der Karriereberatung erlebe ich es häufig, dass mit der Dauer der Arbeitslosigkeit die Motivation für eine Selbstständigkeit immer präsenter wird. Nach dem Motto: Wenn mich niemand will, dann mache ich mich eben selbstständig! Verzweiflung und Trotz sind kein guter Motor für einen solchen Schritt. Das bewusste Hinterfragen der echten Motivation ist also umso wichtiger, je länger Sie schon arbeitslos sind.

Auf der anderen Seite treffe ich auf Angestellte, die eine Entscheidung für die Selbstständigkeit treffen und zu diesem Zeitpunkt ihres Ausscheidens nahe einem Burn-out sind. Hier sofort in die anstrengende Phase der Gründung zu gehen, ist ebenso wenig ratsam. Etwas Abstand zum alten Job und innere Ruhe sind wichtig, um fokussiert und begeistert in das eigene Business zu starten.

XING Coaches: Welche Herausforderungen stehen beim Start in die Selbstständigkeit an?

Bernd Slaghuis: 50 Prozent aller Neugründungen scheitern innerhalb der ersten sechs Jahre. Neben den finanziellen sind es vor allem mentale Herausforderungen, die Selbstständige insbesondere beim Start mit sich selbst zu bewältigen haben:

  • Eigenmotivation,
  • Durchhaltevermögen und
  • Strategische Weitsicht.

Es wird Tage geben, da sprudeln die Ideen und neue Kunden stehen Schlange. Es wird aber auch Zeiten geben, in denen Sie vielleicht auch alles hinwerfen möchten. Denn niemand interessiert sich für Sie und Ihre Produkte, Dinge gehen schief, Sie müssen Rückschläge verbuchen. Anders als in der Beschäftigung als Angestellter stehen Sie täglich neu vor der Herausforderung, als eigener Chef Ihr Business aktiv voranzutreiben.

XING Coaches: Was ist bei der Geschäftsgründung besonders wichtig?

Bernd Slaghuis: Sichtbarkeit ist entscheidend. Viele Gründer glauben, mit ein paar Flyern oder einer Anzeige im Lokalteil der Zeitung ist es getan. Wichtig ist, dass Sie die richtigen Kanäle und Marketingstrategien finden, die zu Ihren Produkten oder Dienstleistungen passen und mit denen Sie Ihre Kunden erreichen und ansprechen.

XING Coaches: Woran scheitern die meisten Gründer?

Bernd Slaghuis: Aus meiner Erfahrung scheitern die meisten Selbstständigen, weil ihnen entweder schneller als erwartet das Geld ausgeht oder sie feststellen, dass ihnen diese Form der Arbeit doch nicht liegt. Viele unterschätzen die Dauer, die erforderlich ist, um vom eigenen Geschäft leben zu können, sowie die in einigen Branchen üblichen hohen Umsatzschwankungen im Jahresverlauf. Selbstständigkeit erfordert eine andere Haltung zum Beruf und zum Leben. Herausforderungen gehören dazu und führen Sie immer einen Schritt weiter. Wer schon als Angestellter lieber über Probleme als über Lösungen gesprochen hat, der wird sich mit dieser Haltung gerade in der Gründungsphase schwer tun.

XING Coaches: Was sollten Gründer für eine Persönlichkeit mitbringen?

Bernd Slaghuis: Wer den Schritt in die Selbstständigkeit geht, sollte über eine gute Portion Pioniergeist gepaart mit bodenständigem Realitätssinn verfügen. Ziel- und Lösungsorientierung sind wichtig, um den eigenen Weg im Blick zu behalten. Selbstbewusstsein ist nötig, um die eigenen Produkte und Leistungen aktiv und sichtbar im Markt zu platzieren. Gelassenheit und Selbstvertrauen sind gut, um nicht beim ersten Rückschlag den Kopf in den Sand zu stecken. Und Selbstverantwortung, denn nur Sie haben es in der Hand und sind verantwortlich dafür, Ihr eigenes Business zu gestalten.

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