Konfliktpotenzial? Warum Sie einen Streit nur im richtigen Moment lösen können
Doris MedelnikKonfliktcoaching, Führungskräfte-CoachingFührungskräftetraining, Kommunikationstraining, Soft Skills Training, ResilienztrainingZum Profil
Sie möchten in einem angespannten Dialog deeskalierend wirken − oder einen Konflikt gar nicht entstehen lassen? Dabei hat das „WANN“ und das „WIE“ eine größere Bedeutung, als Sie vielleicht denken. Erfahren Sie hier, WANN Sie aktiv werden sollten, um Ihren Gesprächspartner nicht zu verlieren. WIE und mit welcher Technik Sie dabei am besten vorgehen, lesen Sie in zwei Wochen in Teil 2 des Artikels.
Erinnern Sie sich, wann Sie das letzte Mal den Moment verpasst haben, um ein Streitgespräch zu schlichten? Meist grübeln wir noch lange nach dem Gespräch über Streitpunkte nach. In der Retrospektive erkennen wir dann, wann der wohl beste Moment gewesen wäre, um Dinge anders zu beantworten, anders zu argumentieren, anders zu reagieren.
In der Konfliktentwicklung gibt es drei wichtige Meilensteine, die wir in der Regel intuitiv deutlich spüren, jedoch meist nicht aktiv nutzen. Sie sind vergleichbar mit einem Schnellzug, der einen Bahnhof durchfährt. Wir sehen den Zug von weitem erst unklar, dann deutlich auf uns zurasen (Meilenstein 1). Er rauscht an uns vorbei, die Druckwelle bringt uns aus dem Gleichgewicht, wir suchen nach Halt, damit er uns nicht umwirbelt (Meilenstein 2) und schließlich sehen wir nur noch seine Rücklichter, die am Horizont verschwinden (Meilenstein 3). Auf einen Konflikt übertragen heißt das:
1. Meilenstein: Ein Gespräch, das harmlos erschien, entwickelt sich schleichend oder ganz plötzlich zu einem heiklen Gespräch. Wir können uns nicht erklären, woher die Irritation im Raum kommt, ahnen jedoch, dass sie nichts Gutes in sich birgt. Da wir noch unsicher über den weiteren Verlauf sind, bleiben wir passiv und beobachten. Wir sind überrumpelt.
2. Meilenstein: Die heikle Gesprächsführung entgleitet zunehmend unserer Kontrolle. Aus einer konstruktiv-entspannten Atmosphäre ist eine angespannt-destruktive Atmosphäre entstanden. Wir bemühen uns, legen mehr Druck in unsere Position, versuchen clever zu argumentieren. Den Überblick haben wir verloren und schlagen uns irgendwie durch. Wir sind überfordert.
3. Meilenstein: Wir haben die Kontrolle über die Gesprächsdynamik verloren. Das Gespräch ist mittlerweile festgefahren, erkaltet oder eskaliert. Die Emotionen aller Beteiligten sind wahrnehmbar. Wir erkennen, dass wir den richtigen Moment verpasst haben und versuchen noch zu retten, was zu retten ist. Wir sind frustriert.
Bemerken Sie, wie sich der Dialog nach innen verlagert
Den richtigen Moment für einen Richtungswechsel zu erwischen, ist eigentlich gar nicht so schwer, wenn Sie Ihrer Intuition vertrauen.
Sicher kennen Sie das: Sie sind in einem angenehmen Gesprächsverlauf. Irgendwann entwickelt sich der Dialog in eine nicht gewünschte Richtung. Plötzlich meldet sich eine Stimme in Ihrem Inneren. Der „innere Dialog“ beginnt.
Der innere Dialog ist das Gespräch, das Sie − im Dialog mit Ihrem Gegenüber − parallel auch noch mit sich selbst führen.
Gedanken kommen Ihnen in den Sinn, die Sie denken, aber nicht aussprechen. Je konfrontativer das Gespräch mit dem Gegenüber verläuft, desto stärker wird auch der Dialog im Inneren. Während Sie nach außen zu Ihrem Gegenüber eine ganz bestimmte Argumentationslinie verfolgen, spielt sich im inneren Dialog oft eine ganz andere Parallelgeschichte ab. Ihre Authentizität geht verloren, Sie schwimmen.
Nehmen Sie Impulse wahr und sprechen Sie Gedanken laut aus
Warum verschweigen wir diesen Teil des Dialogs? Es gibt viele Gründe dafür. Wir wollen unser Gegenüber nicht verletzen, wissen nicht, wie es reagiert, sind unsicher unseren eigenen Empfindungen gegenüber oder räumen uns nicht genügend Raum ein, um Unangenehmes aussprechen zu dürfen. Wir haben es oft in unserer Kindheit nicht anders gelernt.
Genau dieser Moment, in dem der innere Dialog anspringt, ist DER Moment ist, in dem es gilt, aktiv zu werden. Er ist der goldene Moment, in dem wir Souveränität beweisen könnten.
Die goldene Regel lautet: sobald der innere Dialog anspringt, sollten genau die Gedanken, die jetzt durch den Kopf gehen, die jetzt auf der Seele liegen, die Impulse aus dem Bereich des intuitiven Wissens ausgesprochen werden.
In der professionellen Konfliktbegleitung ist es die Aufgabe eines Coaches, den Beginn der inneren Dialoge aller Beteiligten zu spüren und ihn über geschickte Fragetechniken den Gesprächspartnern zu entlocken. Gelingt dies, kann das Gespräch einen anderen Verlauf nehmen.
Die Aufgabe eines Coaches besteht in der Arbeit mit Erwachsenen, die sich in konfliktären Situationen befinden, oft nicht darin, ihnen völlig Neues beizubringen, sondern Unbewusstes bewusst zu machen. Für die Klienten ist es sehr motivierend, wenn sie erkennen, dass eine Änderung des Kommunikationsverhaltens und Gesprächsverlaufes gar nicht so schwer ist, da es nicht um „neue/unbekannte“, sondern um „andere/veränderte“ Kommunikation geht
Nutzen Sie die Chance eines neuen Gesprächsverlaufes
Das Gegenüber entdeckt Neues in einer Geschichte, in einem Menschen, in einer Situation oder einem Moment. Bisher Verborgenes tritt zum Vorschein und verändert die Sicht. Ein anderer Gesprächsverlauf bedeutet dann auch ein anderes Gesprächsergebnis.
Gelingt es, den richtigen Moment zu erwischen, ist der erste wichtige Meilenstein für ein konstruktiv verlaufendes Gespräch bereits erreicht. Sie möchten wissen, wie Sie Ihre Gedanken des inneren Dialogs im nächsten Schritt möglichst gewaltfrei formulieren? Über die besten Techniken lesen Sie im Folgeartikel.
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