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Rhetorik-Experte verrät: Das machen die meisten im Vorstellungsgespräch falsch

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Johannes ManeljukBusiness Coaching, Change Management
Präsentationstraining, Rhetoriktraining, Bewerbungstraining
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Sie wurden nach einer Bewerbung zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Voller Tatendrang üben Sie mögliche Antworten auf Fangfragen ein, recherchieren über Ihren potenziellen neuen Arbeitgeber, legen am Tag der Wahrheit einen Wahnsinns-Auftritt hin, reden wie ein Wasserfall und – ärgern sich eine Woche später über eine standardisierte Absage-Mail. Mit den drei folgenden Instrumenten setzen Sie sich garantiert von der Masse der Bewerber ab.

 

1. Die große Lüge des Storytellings

Derzeit lesen wir überall von der „Geheimwaffe“ Storytelling. Mitreißen sollen wir unser Gegenüber, mit spannenden Geschichten und lehrreichen Anekdoten. Dumm nur, wenn sich unsere zurechtgelegten Storys als regelrechte Luftnummern erweisen, weil die geschulte Personalerin sie sofort als mühevoll antrainiertes Überzeugungsmittel entlarvt. Dazu eine kleine Analogie aus unserem Alltag: Nehmen wir an, Sie gehen zum Zahnarzt, weil Ihre Weisheitszähne schmerzen und Sie denken, dass diese gezogen werden müssen. Nun erklärt Ihnen der Arzt detailreich, wie er damals als Klassenbester den begehrten Studienplatz an der renommierten Universität bekommen hat, an der er seinen Abschluss als Zahnmediziner gemacht hat – und zwar „mit Auszeichnung”. Dann fährt er fort, indem er erzählt, dass er über fünf Jahre Erfahrung beim Ziehen von Weisheitszähnen hat und dass er regelmäßig Weiterbildungen zum Thema „Weisheitszähne ziehen“ besucht. Er beendet seinen Vortrag schließlich damit, dass er Ihnen verdeutlicht, dass Zahnmedizin seine große Leidenschaft ist und dass er mit einiger Begeisterung einen Blog über die verschiedenen Prozeduren des Weisheitszahn-Ziehens betreibt.

Nun versetzen Sie sich noch einmal in die Situation des bevorstehenden Weisheitszähne-Ziehens. Der Zahnarzt reagiert diesmal jedoch folgendermaßen: Er lächelt und bittet Sie sogleich, ihm zu zeigen, wo es Ihnen weh tut und warum Sie der Meinung sind, dass die Weisheitszähne gezogen werden müssen. Er stellt ein paar weitere Fragen, setzt sich und erklärt Ihnen genau, wie das Ziehen der Weisheitszähne vonstattengeht.

Zu welchem Zahnarzt würden Sie gehen?

Während der Zahnarzt im ersten Szenario sich damit brüstet, wie gut er qualifiziert sei und welch renommierte Ausbildung er genossen habe, demonstriert der Arzt in Szenario zwei sein Expertenwissen.

Und damit kommen wir zum ersten Machtinstrument im Bewerbungsgespräch: Don’t tell it, but show it! Demonstrieren statt erzählen heißt die Devise. Finden Sie einen Weg, Ihr Expertenwissen zu demonstrieren, und ersparen Sie sich und anderen die Lobhudeleien auf sich selbst.

 

2. Wer am meisten redet, verliert

Wenn Sie der erste Rat noch nicht schockiert hat, dann wird es dieser sicherlich tun: Sprechen Sie im Vorstellungsgespräch weniger als die Hälfte der Zeit! Ideal wäre etwa eine 40/60-Aufteilung. Aber, Moment – steht nicht in vielen Bewerbungsratgebern, dass wir herausstellen sollen, wie qualifiziert und wie toll wir sind? Und sollen wir nicht detailliert von unseren Erfahrungen im Projektmanagement bei Firma XY, einem richtigen Global Player, erzählen? Die Antwort ist: Das steht doch alles in Ihrem Lebenslauf. Wenn jemand mehr über Ihre Erfahrung und Ihre Person wissen möchte, so wird er Sie danach fragen. Und nur dann sollten Sie auch darüber sprechen.

Halten Sie sich in etwa an die 60 Sekunden-Regel. Geben Sie präzise Antworten, die nicht länger als eine Minute sind. Kommunizieren Sie relevante Fakten und kommen Sie auf den Punkt.

Personaler führen sehr viele Bewerbungsgespräche und nichts langweilt sie mehr, als ausschweifende Geschichten, die kein Ende finden. Können Sie sich an den letzten Abend erinnern, den Sie mit einem richtigen Selbstdarsteller verbracht haben? Mit jemandem, der Ihnen endlose Geschichten aus seinem spektakulären Leben erzählt und Sie selbst nicht einmal zu Wort kommen lässt? Kann in einer solchen Situation ein echter Austausch relevanter Fakten stattfinden?

Tappen Sie also nicht in die Quasselfalle. Kommunizieren Sie präzise relevante Fakten.

 

3. Spielen Sie den Ball elegant zurück

Damit sind wir beim letzten Machtinstrument. Bisher fühlen sich alle Tipps gar nicht so mächtig an? Das ist Absicht, und genau deshalb sind sie unglaublich wirkungsvoll. Es sind keine Haudrauf-Taktiken, sondern Strategien für effektive Kommunikation. Die drei Machtinstrumente erlauben uns eine neue Perspektive auf den Bewerbungsprozess. Ausschweifendes Prahlen ist out. Präzises Demonstrieren ist in.

Und mit diesem dritten Instrument lernen Sie, das Bewerbungsgespräch (wie übrigens jedes andere Gespräch) als Dialog zu begreifen, bei dem ein echter Daten-Austausch stattfindet. Ein gelungener Dialog kann mit folgendem Muster angestoßen werden:

Frage (Personaler) – Ihre Antwort – Ihre Gegenfrage inkl. Übergabe des Rederechts.

Mit diesem simplen Muster übergeben Sie das Rederecht immer wieder zurück an Ihr Gegenüber, nachdem Sie eine Frage beantwortet haben. Es entsteht eine elegante Gesprächskette, die zu einem echten Dialog führt.

Beispiel:  

Frage (Personaler): „Erzählen Sie mir von einer Zeit, als Sie mit in einem suboptimalen Team arbeiten mussten.“

Ihre Antwort: „Bei meiner vorigen Firma haben wir überwiegend in Teams gearbeitet. Das war ein Kernbestandteil der Unternehmenskultur. Ich habe in vielen Teams mitgearbeitet, manche davon waren sehr gut, andere dagegen nicht so effektiv.“

Ihre Gegenfrage inkl. Übergabe des Rederechts: „Erreicht Ihre Firma Ihre Produktivität hauptsächlich durch Teamarbeit?”

Personaler: „Ja, bei uns wird tatsächlich viel durch Teamarbeit erreicht. Bei uns arbeiten meist sechs bis acht Personen in einer Projektgruppe zusammen.”

Sie: „Das trifft sich gut, ich schätze Teamarbeit sehr und arbeite gerne in Teams dieser Größe. Wie legen Sie normalerweise die Personalbesetzung innerhalb der Teams fest?”

Ab diesem Zeitpunkt haben Sie einen echten Dialog erreicht und den Grundstein für ein überzeugendes Vorstellungsgespräch gelegt, das weder zur Selbstdarstellerei, noch zum Verhör mutiert. Ganz nebenbei demonstrieren Sie dadurch echte Führungsqualitäten, indem Sie den Gesprächsverlauf entscheidend mitbestimmen. Machen Sie von den drei „Machtinstrumenten“ in Ihren Gesprächen regen Gebrauch und genießen Sie Ihre Zukunft als besonders angenehmer und interessanter Gesprächspartner.

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