Wann überschreitet Coaching die Grenze zur Therapie?
Hans-Jürgen KaschakBusiness Coaching, Systemisches Coaching, Work-Life-Balance, Führungskräfte-CoachingPersönlichkeitstraining, Achtsamkeitstraining, MotivationstrainingZum Profil
Haben Sie sich als Coach auch schon einmal gefragt, ob Sie Ihrem Coachee wirklich bei seinen Problemen helfen können? Denn viele psychische Blockaden können nachhaltig nur durch eine Therapie gelöst werden. Unser Experte Hans-Jürgen Kaschak beschreibt an einem Fallbeispiel, wie man die Grenzen seiner Möglichkeiten erkennt.
Ein Coachee kontaktierte mich jüngst mit folgendem Auftrag: „Ich bin Personalleiter und bräuchte ein Coaching, da ich in einer mentalen Blockade stecke. Von mir wird erwartet, dass ich die anstehenden Mitarbeitergespräche führe, womit ich grundsätzlich kein Problem habe. Allerdings habe ich Probleme damit, in Einzelfällen negative Nachrichten übermitteln zu müssen.“
Er wollte durch ein Coaching mehr mentale Kraft, um mit den anstehenden Konfliktgesprächen besser umgehen zu können. Meine Intuition teilte mir jedoch mit, dass ich zwar meinen Kunden auf solche Situationen mental vorbereiten könne, aber damit keinesfalls ein erkennbar tiefer liegendes Thema gelöst wäre.
Meine folgenden Fragen bezogen sich demnach auf sein bisheriges Leben und in einem Nebensatz erwähnte der Coachee dann, dass seine kleine Schwester früher einmal mit einem von ihm vorab reparierten Fahrrad sehr schwer verunglückte. Er war damals selbst gerade erst 13 Jahre alt. Daraufhin habe er von seinen Eltern ewig Vorhaltungen bekommen, obwohl er nur zeigen wollte, dass er eigenständig eine Fahrradbremse reparieren könne.
Introvision-Coaching: Zuhören und einfach Fragen stellen
Die Aussage machte mich hellhörig und ich wandte eine in diesem Fall sehr wirksame Methodik, das Introvision-Coaching, an. Das Ziel der Methode ist es, relativ schnell die eigentliche Ursache für das Unbehagen des Coachees bei problematischen Gesprächen heraus zu finden. Mit einfachen Fragen kommen Sie so sehr schnell auf den tieferliegenden Grund von Blockaden oder Alarm-Auslösenden Kernimperativen.
In diesem Fallbeispiel war es die Angst zu versagen, welche bei dem Coachee sämtliche Alarmglocken zum Klingen brachte. Er hatte Angst, seinem Vorgesetzten nicht gerecht werden zu können und die falsche Entscheidung in der Personalfrage zu treffen.
Mir als Coach ist gleichzeitig bewusst geworden, dass diese tieferliegende Angst in eine therapeutische Maßnahme gehört und ich hierbei lediglich begleitend unterstützen kann.
Bei nachhaltigen Problemen lieber eine Therapie wählen
Nicht nur im Geschäftsleben trifft man auf Coachees mit ähnlich gelagerten Problemen. Oft findet man Themen, welche besser mit dem Gedanken an Nachhaltigkeit im therapeutischen Bereich aufgehoben sind, als in einer Coachingsitzung.
Dieses Fallbeispiel zeigte auch sehr deutlich eine Problematik, welche zum Teil in den Coachingausbildungen wenig betrachtet wird. Nämlich die Grenze, wann für den Coachee besser eine Therapie erforderlich ist und wann man als Coach mit den vermittelten Tools ohne therapeutische Aktivität tätig sein kann. Für Coaches besteht unter anderem auch eine ethische Richtlinie darin, einem Coachee mitzuteilen, wenn man nicht der richtige Coach für ihn ist oder er mit seinem Anliegen besser andere Unterstützung aufsuchen sollte.
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