Warum Sie im Job nicht (immer) authentisch sein sollten
Im Arbeitsleben ist leider vieles mehr Schein als Sein. Dabei ist Authentizität nicht nur für den beruflichen Erfolg wichtig, sondern vor allem für Sie selbst. Dennoch sollten Sie nicht „zu“ authentisch sein. Wieso?
Viele Arbeitnehmer sind mehr damit beschäftigt, an ihrem Selbstmarketing zu feilen, sich in den Vordergrund zu spielen und die „richtigen“ Kontakte zu knüpfen, als sich auf ihre eigentlichen Aufgaben zu konzentrieren. Das fängt meist schon im Bewerbungsgespräch an: Eine kleine Notlüge hier und etwas Beschönigung dort. Dementsprechend hoch sind die Erwartungen der Recruiter und so beginnt meist schon am ersten Arbeitstag im Unternehmen die Aufrechterhaltung des „Scheins“ um jeden Preis.
Klingt anstrengend? Ist es auch! Je mehr sich ein Mensch Tag für Tag verstellen muss, desto größer wird der auf ihm lastende Druck. Die Schauspielerei zehrt an den Nerven und die Angst, die Wahrheit könne ans Licht kommen, kostet eine Menge Energie. Nicht selten endet eine solche Berufslaufbahn im Burnout oder einer anderen stressbedingten Erkrankung. Auf den schnellen Erfolg folgt der tiefe Fall. Aber wäre es wirklich so schlimm, wenn die „Wahrheit“ ans Licht käme – im Sinne Ihres wahren und authentischen Selbst? Jein!
Ein Plädoyer für mehr Authentizität im Arbeitsleben
Definitiv wäre eine Geschäftswelt wünschenswert, die menschlich ist und Authentizität erlaubt. Hier könnten Menschen ehrlich aufeinandertreffen und am gegenseitigen Austausch wachsen. Sie könnten über Emotionen sprechen, Konflikte offen anstatt unterschwellig austragen und Schwächen zugeben. Sie müssten nicht immer perfekt sein und könnten dennoch mit guten Leistungen nach und nach in der Hierarchie aufsteigen – ohne den Druck der Schauspielerei und dadurch auf eine gelassenere sowie gesündere Art und Weise.
Dieser Erfolg wäre deutlich nachhaltiger als er es in der Realität bei den meisten Karrieren ist. Dennoch ist eine solche Welt heute und vermutlich auch in Zukunft reine Utopie. Masken zu tragen liegt ein Stück weit in der menschlichen Natur. Hand aufs Herz: Nicht einmal gegenüber Ihren engsten Freunden oder Ihrer Familie sind Sie immer authentisch, oder?
Zudem gilt Menschlichkeit in den meisten Unternehmen nach wie vor als Schwäche. Emotionen sind im Berufsleben nicht erwünscht, stattdessen sollen Arbeitnehmer funktionieren wie Roboter, die nie jammern, krank sind oder in Konflikte geraten. Authentizität genießt daher aus Arbeitgebersicht einen schlechten Ruf und kann Ihnen im Job Perspektiven verbauen. Wer also im Beruf erfolgreich sein und in der Hierarchie aufsteigen möchte, muss Konformität leben und sich anpassen. Für Authentizität bleibt dabei nur in einem geringen Ausmaß Platz. Dennoch sollten Sie möglichst authentisch bleiben – allein schon Ihrem Seelenfrieden sowie Ihrer Gesundheit zuliebe. Wie also lautet die Lösung für dieses Dilemma?
Das Spannungsfeld zwischen „Performance“ und Authentizität
Wie bereits erwähnt, ist nachhaltiger Erfolg in der Regel nicht möglich, wenn Sie Tag für Tag in eine Rolle schlüpfen. Früher oder später wird die Fassade bröckeln und hinter der Maske kommt Ihr wahres Gesicht zum Vorschein. Besser wäre es also, sich von Anfang an nicht zu verstecken, sondern authentisch aufzutreten. Dennoch müssen Sie natürlich „performen“, Leistung erbringen und an Ihrem Selbstmarketing feilen. Leider gehen nämlich wahre Leistungsträger häufig unter, wenn sie sich nicht selbst in das richtige Licht rücken, während Trittbrettfahrer oder Angeber befördert werden, die sich richtig zu „verkaufen“ wissen.
Selbstmarketing bedeutet aber stets auch ein Mindestmaß an Beschönigung. Stellen Sie sich vor, Ihrem Chef kullerten plötzlich Tränen über die Wangen, weil er einen schlechten Tag hat, sich überfordert fühlt und auch noch in einer Ehekrise steckt. Undenkbar, oder?
Die Lösung lautet daher: Präsentieren Sie sich authentisch, aber von Ihrer besten Seite. Wahren Sie Professionalität. Lernen Sie zu unterscheiden, wann Selbstkontrolle angebracht ist und wann Sie authentisch sein können. Bleiben Sie aber jedem Selbstmarketing zum Trotz stets Ihrer Persönlichkeit treu. Dies betrifft in erster Linie Ihre Wertvorstellungen. Ein Beruf, in welchem Sie eigenem Ermessen nach unmoralisch handeln müssen, wird Sie auf Dauer unglücklich und krank machen. Seien Sie also immer professionell und nicht immer authentisch – aber so oft wie möglich.
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