Spezialisierung: So heben Sie sich positiv von Allerwelt-Coaches ab
Das Angebot an Coaching ist groß, wie kann man sich da von der Masse abheben und attraktiv für potenzielle Kunden werden? Indem man aus einer Leistung, die man scheinbar an jeder Straßenecke kaufen kann, eine unverwechselbare Dienstleistung macht, sagt Bernhard Kuntz. Der Marketingberater für Trainer, Berater und Coaches verrät, wie es geht.
XING Coaches: Warum sollten sich Coaches spezialisieren?
Bernhard Kuntz: Je klarer das Profil eines Coaches ist, umso höher ist seine Anziehungskraft bei seiner Zielgruppe. Denn warum sollten sich potenzielle Kunden für einen Coach entscheiden, wenn dieser sich nicht erkennbar von seinen Mitbewerbern abhebt?
XING Coaches: Wie könnte eine solche Spezialisierung aussehen?
Kuntz: Lassen Sie mich dies an einem Beispiel erläutern. Ein zentrales Coaching-Thema ist, zumindest wenn man den Werbeunterlagen der meisten Coaches glaubt, das Lösen beziehungsweise Bearbeiten von Konflikten. Beim Sichten der Werbeunterlagen der meisten Coaches gewinnt jedoch den Eindruck: Sie haben vom Thema Konflikte wenig Ahnung. Hier sollte sich der Coach spitzer aufstellen und das auch entsprechend kommunizieren.
XING Coaches: Warum entsteht der Eindruck mangelnder Kompetenz?
Kuntz: Weil die Coaches das Thema Konflikte so oberflächlich behandeln, nein streifen, dass man das Gefühl hat: In ihren Augen sind alle Konflikte gleich. Dabei gibt es nahezu unendlich viele verschiedene Konfliktarten, -ursachen und -konstellationen. Es gibt nicht nur die unterschiedlichsten intrapersonalen Konflikte wie Rollen-, Entscheidungs- und Zielkonflikte, sondern auch die unterschiedlichsten interpersonellen Konflikte. So haben zum Beispiel Mütter und Väter nicht nur mit ihren Kindern, sondern auch mit ihren Lebenspartnern häufig Differenzen. Und in den Unternehmen? Dort gibt es nicht nur Konflikte zwischen den Führungskräften und ihren Mitarbeitern, sondern auch zwischen den Führungskräften selbst und den einzelnen Bereichen. Zudem haben Unternehmen häufig Konflikte mit Kunden und Lieferanten. Und es gibt auch gesellschaftliche Konflikte – ich erinnere nur an die aktuelle Flüchtlingsfrage. Auf all diese Konfliktarten könnten sich Coaches, abhängig von ihrer beruflichen Vorerfahrung, spezialisieren. Ebenso auf die verschiedenen Konfliktursachen – seien diese zum Beispiel persönlicher, beruflicher, finanzieller oder kultureller Natur. Sie tun es aber meist nicht.
XING Coaches: Weil sie selbst die Notwendigkeit dafür nicht sehen?
Kuntz: Stimmt. Viele Coaches denken selbst auch „ein Konflikt ist ein Konflikt“, aber noch viel schlimmer: „Coachen ist Coachen“. Wer eine Coaching-Ausbildung durchlaufen hat, kann Gott und die Welt coachen – egal wo der Schuh drückt? Das ist Nonsens. Abhängig von den Zielpersonen beziehungsweise -organisationen sowie Coachinganlässen benötigen Coaches ein ganz unterschiedliches Persönlichkeits- und Kompetenzprofil. Das machen sich viele Coaches entweder nicht bewusst oder sie machen es nicht transparent. Entsprechend blass ist ihr Profil – nicht nur auf ihren Webseiten.
XING Coaches: Was sind die größten Fehler, die Coaches bei Ihrer Darstellung machen?
Kuntz: Beim Besuch ihrer Webseite gewinnt man selten einen konkreten Eindruck davon, wie der Coach arbeitet. Das ist wichtig für die Vertrauensbildung. Auf den meisten Webseiten findet man nur Floskeln wie „Ich arbeite lösungsorientiert“. Wie denn bitte sonst? Oder: „Ich gehe wertschätzend mit meinen Klienten um“. Ach, wirklich? Dass ein Coach seine Kunden nicht verprügelt und niedermacht, dürfte doch wohl selbstverständlich sein. Nur ganz selten wird transparent gemacht, was dies konkret bedeutet oder in welchen Verhaltensmustern sich dies zeigt – zum Beispiel anhand von Praxisbeispielen.
XING Coaches: Wie könnte das konkret aussehen?
Kuntz: Mich würde als potenzieller Klient beispielsweise interessieren, wie sich der Coach verhält, wenn scheinbar nichts mehr geht. Ergreift er dann zum Beispiel die Initiative und sagt: „Also, ich sehe die Lösungsmöglichkeiten A, B und C. Welche präferieren Sie?“ Oder beschränkt er sich als Anhänger der reinen Lehre auf das zirkuläre Fragen? Und wie verhält er sich, wenn ein Mitarbeiter, dem seine Firma ein Coaching bezahlt, sich hartnäckig weigert, gewisse jobbedingte Notwendigkeiten einzusehen? Geht er dann auch mal in die Konfrontation und sagt „Das gehört aber zu Ihrem Job“? Solche Dinge kann man auf einer Webseite sehr narrativ beschreiben, und so dafür sorgen, dass beim Besucher ein plastisches Bild von der Arbeitsweise und vom Selbstverständnis des Coaches entsteht. Außerdem muss der Coach in seiner Außendarstellung immer wieder glasklar kommunizieren, wofür er der Spezialist ist und wofür nicht – zum Beispiel für das Coachen von Personen, die sich beruflich verändern möchten, oder für das Coachen von GmbH-Geschäftsführern, die vor schwierigen Investitionsentscheidungen stehen.
XING Coaches: Wir haben bisher über eine inhaltliche Spezialisierung gesprochen. Gibt es darüber hinaus Kriterien?
Kuntz: Ja. Das Coaching-Geschäft ist in der Regel ein regionales, zuweilen sogar lokales. Denn kaum eine Person oder Organisation lässt einen Coach zum Beispiel von München nach Hamburg einfliegen. Das wäre schlicht zu teuer. Also sollte auch das Marketing darauf abzielen, in der Region die nötige Bekanntheit aufzubauen. Zum Beispiel, indem der Coach gezielt Beziehungen zu Organisationen aufbaut, die wichtige Multiplikatoren sind. Oder indem er seine Webseite statt allgemein auf „Konfliktcoaching“ oder „Führungskräfte-Coach“ auf „Konfliktcoaching …“ oder „Führungskräfte-Coach Hamburg“ optimiert.
Zum Interviewpartner: Bernhard Kuntz ist Geschäftsführer der PRofilBerater GmbH, Darmstadt, die Trainer, Berater und Coachs bei ihrer Selbstvermarkung unterstützt. Er ist u.a. Autor des Marketing-Ratgebers „Die Katze im Sack verkaufen“.
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